Solar Wind energiewende
Unter anderem sollen Wind- und Solaranlagen ausgebaut werden. Bild: Unsplash

Wie schnell geht Energiewende?

Eine Organisation namens „Zero Emission Think Tank“ (ZETT) hat kürzlich eine Studie vorgelegt, wonach die Nutzung von Biogas, Energieeinsparungen und ein verändertes Verbrauchsverhalten nicht nur russisches Erdgas, sondern darüber hinaus sogar den Import von Flüssiggas überflüssig machen können. Und das nur innerhalb weniger Monate.

Dazu wäre außerdem noch nicht einmal eine Einschränkung der Industrieproduktion notwendig. Die Mitglieder dieses Think-Tanks setzen sich unter anderem aus dem ehemaligen Leiter des renommierten Fraunhofer Instituts für solare Energieforschung, Professor Eicke Weber, sowie aus führenden Wissenschaftlern der amerikanischen Universitäten Berkeley und Stanford zusammen.

Für die Umsetzung der Vorschläge würden zwar Investitionen von 40 Milliarden Euro gebraucht, aber in der Folge könnten jährlich 10 Milliarden Euro eingespart werden. Im Einzelnen sehen die Vorschläge folgendermaßen aus:

Zunächst soll ein Großteil der fast 10.000 deutschen Biogasanlagen direkt zur Befüllung der Gasspeicher genutzt werden. Dazu müsste man zwar auf die bisher übliche direkte Verstromung des Gases verzichten, aber die betreffende elektrische Energie könnte problemlos durch einen schnellen Ausbau von Wind- und Solarenergie ersetzt werden. Hier stellt sich allerdings die Frage, ob die nötige Technologie zur Gasverdichtung – sprich entsprechende Gasturbinen – rechtzeitig zur Verfügung stehen würden.

Ein weiterer Vorschlag besteht darin, auf dem Weg eines so genannte Sofortgesetzes sehr schnell ca. 1.700 zusätzliche Windräder zu errichten. In der Folge könnte der Ertrag aus Windstrom um 50 Prozent gesteigert werden. Eine entsprechende Zahl an Windkraftanlagen ist zwar bereits genehmigt, wird bisher aber durch gerichtliche Klagen blockiert, die durch das Gesetz einfach beiseite geräumt werden sollen. Das ist natürlich fragwürdig, denn nicht jede Klage dürfte sich bei genauem Hinsehen als gegenstandslos erweisen.

Ferner sollten laut ZETT zusätzliche Wärmepumpen installiert und die Wärmedämmung von Gebäuden weiter ausgebaut werden. Hinzu kämen außerdem noch Verhaltensänderungen beim Heizen und Autofahren. Im Durchschnitt 2 Grad Zimmertemperatur weniger sollen 12 Prozent Heizenergie einsparen. Der Verzicht auf 20 Prozent aller Autofahrten durch Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel oder das Fahrrad sowie die verstärkte Nutzung von Home-Office und Videokonferenzen soll einen ähnlichen Effekt haben. Last not least empfiehlt die Studie ein generelles Tempolimit: maximal 110 km/h auf Autobahnen, 80 auf Landstraßen und 30 in den Städten.

Den genannten Vorschlägen stehen aber neben den bereits genannten Hindernissen noch weitere Hürden im Weg. Etwa der gegenwärtige Mangel an Handwerker*innen. Diesem Einwand begegnen die Autoren der Studie durch den Vorschlag freiwilliger Arbeit etwa von Schüler*innen beim renovieren ihrer Schule. Das klingt nicht nur reichlich hemdsärmelig, sondern lässt auch fragen, ob hier nicht vielleicht die Grenze zur Kinderarbeit überschritten wird. Bei den Maßnahmen fragt sich außerdem, woher in der derzeitigen Situation die entsprechenden Rohstoffe und Bauteile kommen sollen. Geben die Lieferketten deren rechtzeitige Lieferung überhaupt her? Beim Umstieg auf ÖPNV stellt sich ferner die Frage, ob es derzeit genügend Fahrzeugkapazitäten gibt und ob der Zustand des deutschen Schienennetzes nicht sehr zu wünschen übrig lässt. Alles in allem wird die kapitalistische Wachstumsdynamik praktisch nicht in Frage gestellt, sondern sie soll allenfalls in eine Art „Pausenmodus“ durch weniger Heizen und den – wohl eher vorübergehenden – Verzicht auf Autofahrten gesetzt werden. Alles andere würde nämlich den Ruin der entsprechenden Industrien bedeuten. Am realistischsten wäre noch das Tempolimit, das aber bei der derzeitigen Regierungsbeteiligung der Autopartei FDP nicht zu haben ist.

Alles in allem ist die kapitalistische Vergesellschaftungsform schlicht nicht dazu geeignet, den Ressourcenverbrauch zurück zu fahren. Ihre DNA besteht nämlich darin, aus Geld mehr Geld zu machen – und das ist letztlich nicht ohne gesteigerten Ressourcenverbrauch zu bekommen.

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