Reicht es, wenn alle ihren individuellen Fußabdruck in den Griff bekommen? (Quelle: Publicdomainvectors)

Klimapolitik als Konsumregulierung?

Die Klimakrise ist allumfassend und wird unser aller Leben betreffen. Doch auf welche Weise, ist noch nicht ausgemacht. Eine zentrale Frage wird sein: Werden wir es schaffen, den CO2-Ausstoß zu reduzieren? Und wie können wir das schaffen? Liberale Klimaexpert:innen fordern nicht selten eine Verzichtsethik ein. Dabei wäre das gar nicht notwendig. 

Deutlich wird diese Verzichtsethik in diesem Bild, das gerade in den sozialen Medien herumgeht: 

Die Idee ist ebenso einfach wie naheliegend. Die Gesellschaft besteht aus lauter einzelnen Menschen. Und wenn jeder dieser einzelnen Menschen ein bestimmtes Budget an CO2 im Jahr nicht überschreitet, dann kann sich die Gesellschaft klimaverträglich transformieren. 

Das damit verbundene Problem liegt freilich auf der Hand: Schellnhuber schlägt vor, die Reduktion von CO2 an den Konsum der Individuen zu binden. Er unterstellt damit, dass die Gesellschaft im Wesentlichen eine Konsumgesellschaft ist. Dass die konsumierten Dinge jedoch zunächst einmal hergestellt werden müssen, die modernen Wachstumsökonomien also in erster Linie Produktionsgesellschaft sind, wird durch die Forderung unsichtbar gemacht. Und so soll die Produktion indirekt über den Konsum gesteuert werden, anstatt unmittelbar auf sie einzuwirken und direkt Produktionsentscheidungen zu treffen, die klimaverträglich sind. 

Dazu kommt, dass an der Option, zusätzliche Verschmutzungsrechte kaufen zu können, einiges dranhängt. Denn damit ist das Recht garantiert, mehr Verschmutzung produzieren zu dürfen – solange das Geld dafür reicht. Diese Verschmutzungsgarantie für Reiche passt sich gut ein in die aktuelle politische Strategie der Regierung, die ebenfalls durch eine krasse soziale Schieflage gekennzeichnet ist. 

Wenn wir den Blick hingegen auf die Produktionsseite der modernen Warenwirtschaft lenken, dann ergeben sich ganz neue Möglichkeiten. Während zurzeit das individuell verteilte Geld reguliert, welche Ressourcen zu welchen Waren umgewandelt werden, käme mit dem Blick auf die Produktionsseite der Gesellschaft die Möglichkeit einer gesamtgesellschaftlichen, demokratischen Vereinbarung über gemeinsame Ziele und Wege in greifbare Nähe. Was wollen wir eigentlich produzieren? Ist es sinnvoll, nahezu identische Waren von Nord nach Süd und gleichzeitig von Süd nach Nord zu transportieren? Wollen wir uns tatsächlich weiterhin ein Verkehrssystem leisten, das auf extremer Vereinzelung beruht (Automobil) und zudem Ressourcen und Fläche zerstört? In welchen Bereichen wollen wir Abstriche machen? In welchen wollen wir hingegen nicht auf bestimmte Dinge verzichten? 

Um über solche Dinge als Gesellschaft in einen gemeinsamen, demokratischen Diskussionsprozess zu kommen, müssen wir raus aus der Falle der Individualisierung. Denn sie raubt dem Menschen gerade das, was ihn so einmalig macht: Die Fähigkeit, das eigene Handeln in Kooperation mit anderen auf gemeinsame, zuvor ausgehandelte Ziele zu fokussieren. Es wird Zeit, dass wir diese Potentiale realisieren. 

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