„Die Wende ist da“ titelt die Zeit am 18. November in ihrer Onlineausgabe. Gemeint ist der deutschlandweite Umstieg auf das Elektroauto. Der Autor sieht die Nation schon im Sinneswandel für den Klimaschutz. Sein Eindruck täuscht ihn jedoch.
Die Dokumentation „Umweltsünder E-Auto?“ zeigt nämlich den unsichtbaren Rattenschwanz, der an der Elektromobilität hängt. Anhand zahlreicher regionaler und internationaler Beispiele veranschaulicht sie die Probleme, die der vermeintliche Sinneswandel mit sich bringt. Anstatt sich diesen Folgeproblemen zu widmen, verweist die Dokumentation auf das viel größere Problem, das der ökologischen Frage vorausgeht: unbegrenztes Wirtschaftswachstum.
Philippe Bihoux, Ingenieur und Interviewpartner, fasst dies sehr gut zusammen:
Um etwas sauberes herzustellen, muss man immer etwas verschmutzen. Es gibt kein CO2 freies und 100% ökologisches Produkt, wie man das manchmal auf unterschiedlichen Etiketten liest. Das ist unmöglich. Alles hat Auswirkungen.
Philippe Bihoux
Die Dokumentation hier anschauen:
Es gibt eine bezeichnende Szene in der Doku. Dort sagtein sympatischer Mann im rotkarierten Hemd:
„Alles hängt zusammen. Das hat mit dem Wirtschaftsmodell der Bergbau-Industrie zu tun, die sich kein bisschen darum schert, welche Auswirkungen das auf die Gesundheit der Menschen und auf die Umwelt hat“ (34:20 Min)
Nun ist es sicherlich richtig, das die Bergbau-Indsutrie sich nicht darum schert, welche Auswirkungen ihr Handeln auf die Gesundheit der Menschen und auf die Umwelt hat. Spätestens seit der frühen Neuzeit gehört es gewissermaßen zur Bergbau-Industrie dazu, über Leichen zu gehen. Das ist nichts besonderes. Die Doku erweckt aber bisweilen den Eindruck, als sei hier ein Wirtschaftsbereich besonders schlimm. Wirklich gesagt wird das nirgends, aber es bildet das Einfallstor für die geradezu hysterische Kritik, die sich an der Doku herausgebildet hat. Ganz so, als müsse, wer die Produktion von Elektro-Autos und Windkraftanlagen kritisiert, der Sparte innerkapitalistischer Konkurrenz zugeschlagen werden.“
Viele Kommentator*innen etwa bei Youtube legen nahe, der Doku sei von der Erdöl- und Atomindustrie finanziert. Das halte ich für Quatsch. Sie zeigt lediglich, dass die üblichen Verfahren der kapitalistischen Produktion (in denen Natur und Mensch keine Rolle spielen) eben auch in den vermeintlich grünen Produktionsbereichen wiederfinden. Das mag tragisch sein, spricht aber nicht für Verbrenner-Motoren. Wir sollten uns vielmehr überlegen, auf welche Art wir uns (und die notwendigen Dinge die wir zum Leben brauchen) sinnvoll transportieren wollen, wie wir leben und tätig sein wollen. Dabei wird sich viel verändern – eine Notwendigkeit, gegen jede Vernunft Elektro-Autos zu verteidigen, ergibt sich daraus jedenfalls nicht.